31 Aug 2019

Abgrenzung von Straftaten

Liebe Unioner,

nach wie vor kann nicht ausgeschlossen werden, dass es gerade bei Straftaten, die im Rahmen einer sogenannten „Fußballkriminalität“ verfolgt werden, besondere „Spielregeln“ gibt.

Es kommt dabei immer wieder zu Entscheidungen von Gerichten, die, was die Bewertung und Einordnung von verurteilten Taten angeht, auch Juristen kopfschüttelnd zurücklässt.

So kann, was bei einer Kneipenschlägerei als einfache, gegebenenfalls auch als gefährliche oder schwere Körperverletzung verurteilt wird, unter dem Kontext eines Fußballbezuges auch darin münden, dass dabei eine Verurteilung wegen eines versuchten Mordes heraus kommt. Dabei wird unterstellt, dass die gegnerischen Fans sich derartig hassen und bekämpfen, dass der einzige Zweck einer solchen Auseinandersetzung darin liegt, die gegnerischen Fans zu vernichten.

Dies kann zu erheblichen Haftstrafen, die auf jeden Fall nicht mehr bewährungsfähig sind, führen. Hier bleibt einem Verteidiger bei diesen Entscheidungen regelmäßig nur, die Rechtsmittel auszuschöpfen, um zu erreichen, mit seiner Rechtsauffassung bei dem nächst höheren Gericht Gehör zu finden.

Auch wenn das vielleicht Extrembeispiele sind, ist auch bei ganz offensichtlich nur mit geringerer Strafe bedrohten Straftaten es durchaus möglich, dass die ursprüngliche Handlung des Täters auf einmal in einem ganz anderen Licht gesehen wird.

Das Zeigen eines Stinkefingers wird ohne weiteren Zusatz regelmäßig zu einer Verurteilung wegen einer Beleidigung führen. Bei anderen Gesten, die von einem Täter gegenüber anderen Personen gezeigt werden, ist dies aber schon wesentlich brisanter. Das ist vor allen Dingen dann der Fall, wenn man in den Bereich der Bedrohung kommt, die dann vorliegt, wenn der Täter mit der Begehung eines Verbrechens gegenüber einer anderen Person bzw. dieser Person nahe stehenden Personen droht.

Schon alleine die Bedrohung kann erheblich bestraft werden. Aber wie wird z. B. die sogenannte „Kopf-ab-Geste“ bewertet? Ist sie möglicherweise sogar eine Nötigung, die mit Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft werden kann oder bewegt man sich damit schon im Bereich von Tötungsdelikten, die bekanntermaßen mit sehr viel höherer Straferwartung verbunden sind?

Wenn man bei diesen Handlungen natürlich grundsätzlich unterstellt, dass es dem Täter nur darum geht, seinem Gegenüber anzudrohen, ihn quasi zu vernichten, ist man auch hier ganz leicht in einem Bereich von Straftaten, die mit Freiheitsstrafe in nicht mehr bewährungsfähiger Höhe belegt sind.

Es wird also weiter sehr sorgsam die subjektive Seite des Täters zu bewerten sein. Insoweit kommt es für die Einschätzung eines Gerichtes, welchen Straftatbestand der Angeklagte mit seiner Handlung erfüllt hat, auch maßgeblich und erheblich auf den Inhalt seiner Aussage an. Achtlos ausgesprochene Halbsätze des Angeklagten, können den Prozess in eine Richtung lenken, die er für sich nicht im Ansatz gesehen hatte.

Obacht wird natürlich insbesondere durch die Verteidiger darauf zu geben sein, dass den Angeklagten nicht von vorn herein bestimmte Motivationen unterstellt werden, nur weil es sich bei den Straftaten, die angeklagt werden, um solche handelt, die einen Bezug zum Fußball haben.

Eisern Union

Dirk Gräning Rechtsanwalt