18 Dez 2020

Betrunkene E-Scooterfahrer

Liebe Unioner,

in der Zeit eines zunehmenden Verkehrschaos in den Zentren der Großstädte erfreuen sich innovative Fortbewegungsmittel einer zunehmenden Begeisterung. Unklar ist jedoch, wie z.B. die Elektrokleinstfahrzeuge einzustufen sind, wenn Unfälle geschehen oder gegebenenfalls auch Fahrten unter Einfluss von Alkohol erfolgen.

Es ist mittlerweile gefestigte Rechtsprechung, dass die sogenannten E-Scooter und auch andere vergleichbare Elektrokleinstfahrzeuge Kraftfahrzeuge sind, für die die Promillegrenzen ebenso gelten wie für Kraftfahrzeuge. Insoweit gelten auch für E-Scooter die vom Bundesgerichtshof bestimmten Promillegrenzen für die absolute Fahruntüchtigkeit.

Was derzeit bei den Gerichten ausgesprochen umstritten ist, ist die Frage, ob solche Trunkenheitsfahrten zwingend, wie auch eine Fahrt unter Alkoholgenuss mit einem Pkw, den Entzug des Führerscheins zur Folge haben müssen. Es gibt hier einige Landgerichte, die dazu tendieren, dass das von solchen Fahrzeugen ausgehende Gefährdungspotenzial analog mit dem, welches von einem „normalen“ Kfz ausgeht, ist. Dies wird insbesondere damit begründet, dass ein E-Scooter relativ hohe Geschwindigkeiten erreicht und daher gerade nicht mit einem Fahrrad oder auch nicht mit einem Pedelec zu vergleichen ist.

Nach einer Reihe von unterschiedlichen Entscheidungen hat es nun im Juli eine erste obergerichtliche Entscheidung des Bayerischen Oberlandesgerichtes gegeben. Das Gericht ist zunächst dem gefolgt, dass ein E-Scooter ein Kraftfahrzeug ist. Darüber hinaus hat es festgestellt, dass der Grenzwert von 1,1 Promille für alle Führer von Kraftfahrzeugen gilt, sodass bei der Benutzung eines E-Scooters auch kein Grund bestehe, von einer solchen Promillegrenze abzuweichen. Der Fahrer dieses E-Scooters, der sich dem Verfahren stellen musste, war mit einer höheren Alkoholisierung unterwegs und reklamierte für sich, dass er meinte, dass ein solches Fahrzeug kein Kraftfahrzeug sei und mithin auch nicht der Grenzwert von 1,1 Promille, der für Kraftfahrzeuge anzuwenden ist, hier einschlägig sei. Vielmehr sei er davon ausgegangen, dass der Grenzwert, der für Fahrräder festgestellt wurde, nämlich 1,6 Promille, zugrunde gelegt hätte werden müssen. Dies wies das Gericht zurück und begründete dann auch ausführlich, warum neben der erfolgten Bestrafung für die Alkoholfahrt auch noch eine Führerscheinsanktion entsprechend § 69 StGB erfolgen müsse. Das Gericht wies insbesondere darauf hin, dass für einen E-Scooter eine Ausnahmeregelung, davon abzusehen, nicht bestehe. Dies habe der Gesetzgeber, z.B. ausdrücklich für sogenannte Pedelecs, geregelt, die als Fahrräder einzustufen seien, nicht aber für E-Scooter.

In der Folge hat das Gericht dann dem Angeklagten nach dieser Trunkenheitsfahrt mit dem E-Scooter, für den ja bekanntlich keine Fahrerlaubnis benötigt wird, dann trotzdem die Fahrerlaubnis entzogen. Dies war für den Angeklagten eine harte Entscheidung. Andererseits ist dies natürlich auch nur konsequent, wenn das Gericht von einem Kraftfahrzeug und eben nicht nur von einem Fahrrad ausgeht.

Es gilt also Vorsicht bei der Benutzung dieser Fortbewegungsmittel. Das gilt alle Mal, wenn man vorher Alkohol getrunken hat und dann diese in den Innenstädten zunehmend an jeder Straßenkreuzung herumstehenden E-Scooter nutzt, nur weil man keine Lust hat, nach Hause zu laufen oder schlimmer noch, es aufgrund der Beeinflussung von Alkohol nicht einmal mehr könnte.

Die Gefahr bei solchen Fahrten, den Führerschein loszuwerden, ist immens hoch und somit keine echte Alternative, im betrunkenen Zustand am Straßenverkehr teilzunehmen. Also dann doch lieber das Taxi nehmen und gesund zu Hause ankommen.

Eisern Union

Dirk Gräning

Rechtsanwalt