16 Mrz 2024

Die Nebenklage – Teil 1

Liebe Unioner!

im letzten Programmheft ging es um den ziemlich krassen Fall des sog. Todesflüsterers, der seine Opfer per Telefon in den Tod trieb. Zwei seiner Opfer überlebten, die Eltern des verstorbenen Opfers sind bis heute traumatisiert.

Um diese Opfer soll es heute gehen. Nicht im konkreten Fall, sondern abstrakt um ihre Rolle im Strafverfahren. In bestimmten Fällen sieht die Strafprozessordnung nämlich einen weiteren Beteiligten vor, der erheblichen Einfluss auf das Strafverfahren nehmen kann, nämlich den Nebenkläger. Was genau ein Nebenkläger ist, unter welchen Voraussetzungen man zum Nebenkläger werden kann und welchen Einfluss der Nebenkläger auf das Strafverfahren hat, soll Thema dieses und des nächsten Beitrages sein.

Nebenkläger kann derjenige sein, der von dem Beschuldigten durch eine Straftat verletzt wurde. Es handelt sich also (meist) um den Geschädigten selbst. Der Geschädigte hat durch die Nebenklage die Möglichkeit, sich der öffentlichen Klage anzuschließen.

Geregelt ist die Nebenklage in den Paragrafen 395 ff der Strafprozessordnung. Allerdings kann nicht jeder Geschädigte auch Nebenkläger sein. Möglich ist dies nur bei bestimmten Straftaten, insbesondere Körperverletzungsdelikte und versuchte Tötungsdelikte. Ist das Opfer durch das Tötungsdelikt gestorben, so sind zur Nebenklage auch bestimmte Angehörige berechtigt: Kinder, Geschwister, Eltern, Ehegatten oder Lebenspartner. Daher waren im Fall des Todesflüsterers die überlebenden Opfer und die Eltern des verstorbenen Opfers zur Nebenklage berechtigt.

Daneben ist eine Nebenklage auch bei anderen Straftaten, wie der Beleidigung oder der fahrlässigen Körperverletzung, zulässig, aber nur ausnahmsweise und nur, wenn besondere Gründe vorliegen.

Damit sich der Nebenkläger der öffentlichen Klage überhaupt anschließen kann, muss er eine sogenannte Anschlusserklärung abgeben. Praktisch geschieht dies regelmäßig mittels eines Schriftsatzes, meist durch den Rechtsanwalt des Nebenklägers gegenüber dem zuständigen Gericht, bei dem die Anklage gegen den Beschuldigten anhängig ist. Das Gericht entscheidet dann über die Berechtigung des Nebenklägers zum Anschluss. Bevor das Gericht allerdings eine Entscheidung trifft, wird die Staatsanwaltschaft, und in bestimmten Fällen auch der Beschuldigte, angehört.

Hat das Gericht die Nebenklage zugelassen, so eröffnet diese dem Nebenkläger eine ganze Reihe von Rechten.

So ist er beispielsweise berechtigt, der gesamten Hauptverhandlung hinweg beizuwohnen, auch wenn er als Zeuge aussagt. Der „normale“ Zeuge hingegen muss den Gerichtssaal bis zu seiner Vernehmung verlassen. Er weiß im Gegensatz zum Nebenkläger nicht, was sich bis zu seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung ereignet hat.

Darüber hinaus ist der Nebenkläger berechtigt, Anträge zu stellen. So kann er beispielsweise selbst Beweisanträge stellen oder darf Anträge auf Ablehnung von Sachverständigen und Richtern stellen.

Weiter hat er das Recht, durch Befragen von Zeugen oder Sachverständigen auf den Prozess Einfluss zu nehmen.

All diese Rechte würden dem Geschädigten, der „nur einfacher“ Zeuge ist, nicht zustehen.

Wie Ihr sehen könnt, hat der Verletzte, der zugleich die Möglichkeit hat, in einem Strafverfahren als Nebenkläger aufzutreten, eine ganze Reihe von Rechten, die starken Einfluss auf den Verlauf eines Strafverfahrens nehmen können.

Eisern Union!

Rechtsanwalt

Dirk Gräning