Hamburger Modell
Liebe Unioner,
mal wieder einen Abstecher in das Arbeitsrecht und passend zur Herkunft des heutigen Gegners einige kurze Erläuterungen zum sogenannten „Hamburger Modell“.
Was ist eigentlich das Hamburger Modell?
Wenn man längere Zeit arbeitsunfähig krankgeschrieben oder in einem relativ kurzen Zeitraum mehrfach krank war und nicht zur Arbeit konnte, kann der Arbeitnehmer sich mit seinem behandelnden Arzt in Verbindung setzen, um mit diesem die mögliche Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess zu besprechen. Der Arzt wird dann einen sogenannten Wiedereingliederungsplan erstellen. Hier soll berücksichtigt werden, welche Arbeiten der Arbeitnehmer in seiner jeweiligen Situation erbringen und wie der Arbeitsplatz beschaffen sein muss, damit der Arbeitnehmer wieder tätig sein kann.
Weiterhin sollte hier auch geregelt sein, wie viele Stunden der Arbeitnehmer pro Tag arbeiten und in welchen Intervallen man diese Belastung bis zur vollständigen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit steigern kann. Eine zeitliche Vorgabe für die Durchführung des Hamburger Modells gibt es nicht, in der Regel soll es nach höchstens sechs Monaten abgeschlossen sein. Auch ein möglicher Abbruch oder eine kurzzeitige Unterbrechung dieser Maßnahme ist möglich. Ziel der Maßnahme ist es, zu erreichen, dass der Arbeitnehmer seine vollständige Leistungsfähigkeit herstellen und wieder in den Arbeitsprozess integriert werden kann.
Natürlich haben neben den Arbeitsvertragsparteien auch die Krankenversicherung bzw. der Rentenversicherungsträger an der Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers ein hohes Interesse, so dass diese Maßnahme auch verpflichtend ist und auch vom Arbeitgeber vorgeschlagen werden kann.
Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen des bestehenden Arbeitsvertrages gestalten sich für die Dauer der Durchführung dieser Maßnahme etwas anders für Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Zunächst vielleicht zum Wichtigsten für die Beteiligten: Der Arbeitnehmer bekommt für die Zeit dieser Maßnahme für die von ihm erbrachte Arbeitsleistung kein Gehalt vom Arbeitgeber, sondern vielmehr Krankengeld von der Krankenkasse oder Übergangsgeld von der Rentenversicherung. Damit ist klar, dass der Arbeitgeber in diesem Zeitraum für seinen Arbeitnehmer nichts zahlen muss und der Arbeitnehmer weniger erhält als im regulären Arbeitsverhältnis.
Darüber hinaus kann der Arbeitnehmer in diesem Zeitraum keinen Urlaub beanspruchen, was ja an sich auch logisch ist, da das Vorliegen der Arbeitsfähigkeit, die ja in diesem Zeitraum gerade nicht besteht, Voraussetzung für die Gewährung von Urlaub ist.
Letztlich ist auch zu beachten, dass bezüglich der durch den Arbeitnehmer zu erbringenden Arbeitszeiten während der Dauer des Hamburger Modells die im Wiedereingliederungsplan bestimmten Arbeits- und Pausenzeiten zu beachten sind, wovon der Arbeitgeber auch nicht abweichen und die Erbringung von Mehrarbeit verlangen darf.
Also insgesamt gesehen für die Parteien des Arbeitsvertrages in Zeiten des Fachkräftemangels schon eine sehr sinnvolle Maßnahme.
Eisern Union
Dirk Gräning
Rechtsanwalt