11 Sep 2021

Take it EASy – Teil 1

Liebe Unioner,

heute und in der nächsten Ausgabe des Stadionheftes mal etwas zu Daten (-pannen).

ACAB. DGS. EASy GS. Alles klar? Abkürzungen in der Auseinandersetzung mit der Polizei gehören zur Grundausbildung eines Fußballfans. Die ACAB-Problematik wurde hier bereits mehrfach besprochen. DGS dürfte auch bekannt sein. Offiziell steht DGS für Datei Gewalttäter Sport. Der Name im Volksmund dürfte geläufiger sein: Hooligan-Datei. Damit ist jedoch nicht gesagt ist, dass die hierin erfassten Personen allesamt der Hooligan-Szene zuzuordnen wären, und zwar nicht einmal im Ansatz. Zu den eine Speicherung auslösenden Straftaten zählen auch Beleidigung, Hausfriedensbruch, Diebstahl, Eingriffe in den Straßenverkehr oder – ganz gravierend – der Missbrauch von Notrufeinrichtungen.

Die Polizei Nordrhein-Westfalen gibt offen zu, dass „auch Vorkommnisse im Stadionumfeld, während der An- und Abreise sowie an anderen Treffpunkten außerhalb der Veranstaltungsorte […] zu einer Speicherung führen“. Für eine Speicherung muss auch kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, es genügt die bloße Anordnung einer polizeilichen Maßnahme, wie etwa eine Personalienfeststellung oder eine Platzverweisung.

Mit Stand Februar 2021 sind ca. 7.900 Personen in der „Hooligan-Datei“ gespeichert. Das i-Tüpfelchen: Wer gespeichert wird, der wird nicht benachrichtigt.

In Zeiten, in denen man zum Thema Datenschutz wild streitet, mutet diese Datenkrake geradezu grotesk an. Mittlerweile müssen ja beinahe schon die Friseure die Zustimmung ihrer Kunden zur Speicherung ihrer Daten einholen. Doch im Gegenzug darf die Polizei weiterhin ohne Grenzen und ohne Wissen der Betroffenen deren Daten speichern.

Aber immer wenn Du denkst, schlimmer geht’s nicht mehr, dann kommt irgendwo aus dem Süden eine bayerische Sicherheitsbehörde daher. Und die Bayern schießen den sicherheitspolitischen Vogel ab: EASy GS! GS steht wiederum für Gewalttäter Sport. Und das EASy? Die Sicherheitsbehörden machen keinen Hehl aus ihren Absichten: Es geht darum, noch einfacher noch mehr Daten von noch mehr Personen zu sammeln.

Und so war es für die Polizei ziemlich easy, einfach mal so Daten von 1664 Personen zu erfassen und abzuspeichern. Wohlgemerkt: Nur in einem einzigen Bundesland! Zum Vergleich: In der alten Hooligan-Datei sind in diesem Land weniger als ein Drittel an Personen erfasst. Und Achtung: Die Hooligan-Datei existiert seit 1994, die EASy-Datei nahm ihren Betrieb erst Ende Januar 2020 auf. Zur Erinnerung: Bereits anderthalb Monate nach Betriebsbeginn waren die Stadien wegen Corona leer und das – wie wir alle leidvoll wissen – für lange Zeit. Wie konnten also Daten von Personen erfasst werden, die gar nicht zu den Stadien gehen konnten? Das gleiche Problem zeigte sich im Übrigen auch bei der Hooligan-Datei: In Zeiten des Lockdowns und Zuschauerausschlusses wurden die Daten von 1000 Personen erfasst. Die Polizei beruft sich hierbei auf lange Bearbeitungszeiten, sodass es einen Eintragungsverzug aus Vor-Corona-Zeiten gegeben hätte.

Was aber macht es mit der EASy-Datei so einfach, so viele Personen in so kurzer Zeit zu speichern? Auch das ist einfach erklärt: Grenzenlose Speicherung wird dadurch möglich, dass einfach keine Grenzen gesetzt werden. Welche Voraussetzungen für eine Eintragung erforderlich sind und welche Personen eine Eintragung vornehmen dürfen, wird bewusst offen definiert.

Welche Personen dürfen speichern? Nach Auskunft des bayerischen Innenministeriums gehören zum berechtigten Personenkreis Angehörige der Polizei, die „im Rahmen ihrer Haupt- oder Nebenaufgabe (Szenekundige Beamte, Ermittler, Sachbearbeiter) explizit mit dem Phänomenbereich Gewalt und Sport oder sich daraus ergebender Schnittstellen betraut sind“. Das kann potentiell jeder Polizist sein, der im Stadionumfeld eingesetzt wird.

Im nächsten Heft werde ich Euch noch erläutern, unter welchen abenteuerlichen Voraussetzungen diese Daten erhoben werden.

Eisern Union

Dirk Gräning

Rechtsanwalt