9-Punkte-Plan entlarvt den DFB (Teil VI): Private Tätersuche? Der Verein als Polizei 2.0
“Effektive Tataufklärung und Täterermittlung”
Der erste Satz des Abschnittes lautet dabei wie folgt: “Effektive Tataufklärung und Täterermittlung durch die Vereine stellen zentrale Pflichten des Heim- und des Gastvereins dar.” Was bedeutet das nun im Klartext?
Vom Prinzip her fordert hier eine nicht-staatliche Institution, welche der Deutsche Fußball Bund nun mal ist, Vereine bzw. Kapitalsportgesellschaften auf, private Tatermittlungen anzustellen, um damit zu einer Aufklärungen von Straftaten beizutragen. Der DFB überträgt somit eigentlich staatliche Aufgaben an die Fußballklubs. Die höchste Maxime der strafprozessualen Rechtsordnung, die sogenannten Offizialmaxime würde dabei ausgehebelt werden. Diese besagt, dass Strafverfolgung grundsätzlich eine zentrale Aufgabe des Staates bzw. der staatlichen Behörden, also der Staatsanwaltschaft, ist, und nicht des Verletzten bzw. Geschädigten. Ein Hintergrund der Strafverfolgung durch staatliche Behörden ist es, ohne Beeinflussung objektiv zu ermitteln. D.h. es werden nicht nur belastende, sondern eben auch entlastende Beweise
gesammelt. Ein Eingriff in diesen Prozess durch private Ordnungsdienste, welche die Vereine nach Forderung des DFB vermehrt auf eigene Kosten zur Tatermittlungen einsetzen soll, hat ein einen weiteren Abbau rechtsstaatlicher Prinzipien und des Recht des Einzelnen zur Folge, denn für private Ermittlungen gelten in Deutschland lediglich die gesetzlichen Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes.
Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) regelt die Verarbeitung und Speicherung von Daten. Bei Fußballfans sind das in der Regel personenbezogene Daten. Hierbei wird klar definiert, dass diese Daten (beispielsweise Videomaterial vom Fanblock) grundsätzlich verwendet (Verarbeitung) und auch archiviert (Speicherung) werden dürfen. Grundlage dafür ist die Zustimmung der Person, deren Daten erhoben werden sollen. Ohne diese Zustimmung sind Erhebung, Speicherung und Verarbeitung nur dann zulässig, wenn der begründete Verdacht besteht, dass die Zielperson einen Rechtsverstoß begangen hat. Müssen wir als Fußballfans also in Zukunft mit dem Kauf einer Eintrittskarte solchen privatrechtlichen Eingriffen zustimmen und werden somit erneut unter
Generalverdacht genommen? Erinnert man sich an das Sicherheitspapier vom 12.12.2012, das fast alle Vereine der 1. und 2. Bundesliga unterschrieben haben, dann ist mit einem Widerspruch der Klubs gegenüber dieser Maßnahmen nicht zu rechnen. Bereits jetzt werden zwar auf der einen Seite Dialoge geführt, während man jedoch auf der anderen Seite durch vorrauseilenden Gehorsam Fanrechte weiter beschneidet. Alle Gesprächsbereitschaft nützt nichts, wenn durch weitere “Maßnahmenkataloge” Fakten geschaffen werden, die letztlich jeder Verein auch mittragen muss.
Abgesehen von einer solch zweifelhaften Abgabe seiner Persönlichkeitsrechte am Stadioneingang sind solche Maßnahmen auch bezüglich des Datenschutzes als extrem problematisch einzustufen. In der jüngeren Vergangenheit lässt gerade sind der Umgang mit privat gesammelten sensiblen Daten Raum für erhebliche Zweifel. Exemplarisch seien dabei die Vorfälle bei der Deutschen Bahn und einigen Lebensmitteldiscountern erinnert.
Vor dem Hintergrund, dass es bislang noch nicht einmal eine unabhängige Kontrollinstanz bei staatlichen Exekutivkräften gibt, bleibt ebenso die Frage nach der Kontrolle eines solchen Sicherheitsapparates unbeantwortet. Bei Kritik oder Protesten von Fangruppen oder einzelnen Fans könnte man diese noch einfacher mundtot machen und aus dem Fußballstadion entfernen, da der handelnden Vereinsführung nun, neben dem schon bereits bestehenden Stadionverbot (welches aufgrund einer fehlenden Unschuldsvermutung rechtlich ebenso als mindestens problematisch einzustufen ist) nun ein weiteres repressives Mittel zur Verfügung stehen würde. Das Publikum als solches wäre durch den Verband, aber auch durch die Führung der Vereine sehr viel leichter austauschbar, kritische Fußballfans würden dann über kurz oder lang aus den Stadien verschwinden.
So bleibt zusammenzufassen, dass eine Pseudodebatte weiter befeuert wird anstatt in Fanbeauftragte, Fanprojekte oder andere gewaltpräventive Institutionen zu vertrauen und ihre Arbeit auch finanziell und nicht nur mit Worthülsen aktiv zu unterstützen. Der Punkt 3 der 9-Punkte-Plans deutet eher auf sehr viel mehr auf repressive Maßnahmen hin. Mit dem geplanten Ausbau des Sicherheitsapparates würde sich der im Unterschied zu vielen sozialen Projekten finanziell wesentlich besser gestellte Fußball damit wieder einmal seiner gesellschaftspolitischen Verantwortung entziehen.