15 Dez. 2017

Besinnliche Richter und Anwälte

Liebe Unioner,

es sind nur noch wenige Tage bis Weihnachten und hoffentlich genießen viele von Euch die besinnliche Zeit. In einigen Familien soll es noch Tradition sein, dass Gedichte vorgetragen werden, bevor es zum Auspacken der Geschenke geht. In dieser weihnachtlichen Laune muss wohl auch ein Richter beim Amtsgericht Höxter im Jahre 1995 gewesen sein, der die Verurteilung eines Angeklagten wegen Trunkenheit im Verkehr wie folgt begründete:

,,Am 3.3.95 fuhr mit lockerem Sinn

der Angeklagte in Beverungen dahin.

Daheim hat er getrunken, vor allem das Bier

und meinte, er könne noch fahren hier.

Doch dann wurde er zur Seite gewunken.

Man stellte fest, er hatte getrunken.

Im Auto tat’s duften wie in der Destille.

Die Blutprobe ergab 1,11 Promille.

Das ist eine fahrlässige Trunkenheitsfahrt,

eine Straftat, und mag das auch klingen hart.

Es steht im Gesetz, da hilft kein Dreh,

§ 316 I und II StGB.

So ist es zum Strafbefehl gekommen.

Auf diesen wird Bezug genommen.

Der Angeklagte sagt, den Richter zu rühren:

„Das wird mir in Zukunft nicht wieder passieren!“

Jedoch es muß eine Geldstrafe her,

weil der Angeklagte gesündigt, nicht schwer.

30 Tagessätze müssen es sein

zu 30,- DM. Und wer Bier trinkt und Wein,

dem wird genommen der Führerschein.

Die Fahrerlaubnis wird ihm entzogen,

auch wenn man menschlich ihm ist gewogen.

Darf er bald fahren? Nein, mitnichten.

Darauf darf er längere Zeit verzichten.

5 Monate Sperre, ohne Ach und Weh,

§§ 69, 69a StGB.

Und schließlich muß er, da hilft kein Klagen,

die ganzen Verfahrenskosten tragen,

weil er verurteilt, das ist eben so,

§ 465 StPO.‘‘

Nun könnte man sich als Anwalt des Verurteilten über eine solche Urteilsbegründung beschweren und nachfragen, ob der Richter die Sache ernst genommen habe. Oder man reagiert wie der Anwalt in diesem Fall und antwortet in gleicher literarischer Weise:

,,Der Mandant, einerseits zufrieden,

andererseits ein wenig beklommen,

hat den Urteilsspruch vernommen.

Im Hinblick auf die Sach- und Rechtslagen, die allseits bekannten,

und nach Rücksprache mit dem Mandanten

tu ich hiermit kund

für alle in der Rund‘,

für Staatsanwaltschaft und Gericht:

Rechtsmittel einlegen – tun wir nicht.‘‘

Es geht also unter Juristen besinnlich zu. Allerdings sind dabei Gedichte nicht gleichzeitig mit Geschenken verbunden.

In diesem Sinne eine schöne Weihnachtszeit und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Eisern Union,

Gräning

Rechtsanwalt