Gesamtstrafe
Liebe Unioner,
manchmal stellt uns das Leben auf die Probe und eine strafrechtliche Verurteilung jagt die nächste. Da kann es natürlich passieren, dass man den Kopf am liebsten in den Sand stecken und das leidige Thema schnell vergessen möchte.
Hat das jeweilige Gericht also beispielsweise in beiden Fällen eine Geldstrafe – einmal 30 Tagessätze zu je 40 Euro und einmal 60 Tagessätze zu je 40 Euro – verhangen, will man diese schnellstmöglich abbezahlen und nach vorne blicken.
Wären die jeweiligen in Tatmehrheit begangenen Taten jedoch gemeinsam abgeurteilt worden, besagt die Regelung des § 54 Strafgesetzbuch (StGB), dass dann eine Gesamtstrafe aus mehreren in Tatmehrheit begangenen Delikten gebildet werden muss. Hierbei muss diese zwar höher als die höchste Einzelstrafe sein, darf die Summe der beiden Einzelstrafen jedoch nicht erreichen. Auch dürfte im Falle einer Freiheitsstrafe eine lebenslängliche Strafe gar nicht erst erhöht werden.
Daraus folgt, dass sich in diesem Fall nicht die oben genannte Gesamtstrafe von insgesamt 90 Tagessätzen zu je 40 Euro ergeben dürfte. Da erscheint es doch fast ein wenig unfair, dass die Taten nicht gemeinsam, sondern einzeln abgeurteilt worden sind.
Damit es zu einer solchen Benachteiligung bei getrennter Aburteilung nicht kommt, gibt es das Institut der nachträglichen Gesamtstrafenbildung.
Diese kommt nach § 55 StGB immer dann in Betracht, wenn das Gericht, welches die zweite Strafe verhängt hat, um die Vorverurteilung weiß und die nunmehr abzuurteilende Tat vor der früheren Verurteilung begangen worden ist. Ist die frühere Verurteilung bereits rechtskräftig und hat sich die Strafe noch nicht vollständig erledigt, bildet das Gericht nunmehr eine Gesamtstrafe.
Eine solche darf also nicht geringer als die höchste Einzelstrafe (60 Tagessätze zu je 40 Euro), aber auch nicht der Summe entsprechen, die sich aus beiden Tagessätzen ergibt (90 Tagessätze zu je 40 Euro). Damit kann also erreicht werden, dass sich eine Gesamtstrafe mit beispielweise insgesamt 70 Tagessätzen ergibt. Das ist also eine deutliche Reduzierung und ein Vorteil, der nicht ungenutzt gelassen werden sollte.
Doch was passiert, wenn das zuletzt erkennende Gericht gar nichts von der vorherigen Verurteilung wusste und dennoch eine weitere Einzelstrafe verhängt?
Auch hierfür besteht die Möglichkeit einer sogenannten nachträglichen Gesamtstrafenbildung nach § 460 Strafprozessordnung StPO. Zuständig ist dann das Gericht, das die höchste Strafe verhangen oder bei gleich hohem Strafmaß das zuletzt erkennende Gericht. Wenn man dann einen solchen Antrag zur Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe stellt, muss das Gericht nach den gleichen oben dargestellten Grundsätzen verfahren und die Strafe entsprechend reduzieren.
Am besten verhält es sich natürlich, wenn eine Reduzierung bereits gar nicht erforderlich ist, weil es zu gar keiner Verurteilung oder gar einem Strafverfahren gekommen ist. Aber auch wenn dies der Fall sein sollte, gibt es Wege und Möglichkeiten, welche man nutzen sollte, um das Beste für sich herauszuholen.
Eisern Union!
Dirk Gräning
Rechtsanwalt