Neurungen des Strafverfahrens Teil 4: Telekommunikationsüberwachung
Liebe Unioner,
im letzten Heft habe ich Euch von der Einführung der Online – Durchsuchung berichtet. Zusammen mit der Einführung dieser Ermittlungsmaßnahme hat der Gesetzgeber auch die Regelungen zur Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) ergänzt.
Die TKÜ ist das bekannte Abhören von Telefonaten bzw. Abfangen von SMS oder anderen Nachrichten. Diese Maßnahmen waren bislang gemäß § 100a Strafprozessordnung (StPO) zulässig. Mittlerweile stoßen die Strafverfolgungsbehörden aber hier an technische Grenzen, weil die meisten Menschen so genannte Messenger – Dienste wie WhatsApp oder Telegram nutzen. Bei diesen erfolgt die Kommunikation verschlüsselt und kann daher nicht ohne Weiteres überwacht werden. Der Gesetzgeber hat daher nun mit der Regelung des § 100 Abs. 1 S. 2 StPO die sogenannte Quellen – TKÜ eingeführt. Dadurch wird es den Strafverfolgungsbehörden nunmehr ermöglicht, verschlüsselte Kommunikation zu überwachen und aufzuzeichnen. Da diese dafür auch Programme auf Smartphones oder anderen Geräten installieren dürfen, scheint die Abgrenzung der Online – Durchsuchung nicht immer klar zu sein. Entscheidend dürfte immer der Zweck der Ermittlungsmaßnahme sein. Installiert beispielsweise die Polizei von außen ein Programm auf dem Smartphone eines Tatverdächtigen, um dessen Whats-App Gespräch mit einem anderen Tatverdächtigen zu überwachen, handelt es sich um eine Quellen – TKÜ. Erfolgt die Installation des Programms dagegen, um beispielsweise gespeicherte Dateien herunterzuladen, ist das ein Fall der Online – Durchsuchung.
Dass man zwischen Online – Durchsuchung und Quellen – TKÜ unterscheiden muss, ist unter anderem deshalb wichtig, da beide Ermittlungsmaßnahmen unterschiedliche Voraussetzungen haben. Die Quellen – TKÜ darf nämlich nicht bei jeder Straftat eingesetzt werden. Im Vergleich zur Online – Durchsuchung ist aber der Kreis der Straftaten, zu deren Aufklärung die Quellen – TKÜ angewendet werden darf, umfangreicher. So ist in der gesetzlichen Regelung ,,nur‘‘ von schweren Straftaten die Rede. Zu diesen gehören auch der ,,einfache‘‘ Raub, die besonders schweren Fälle des Betruges und der Urkundenfälschung sowie die vorsätzliche Brandstiftung. Zudem ist der Einsatz der Quellen – TKÜ auch nur dann zulässig, wenn die Aufklärung der Straftat auf andere Weise, also beispielsweise durch die Überwachung der unverschlüsselten Kommunikation, wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre.
Auch im Rahmen der Quellen – TKÜ gilt ein Richtervorbehalt. Gemäß § 100e Abs. 1 StPO darf die Anordnung nur durch das Gericht erfolgen. Der Staatsanwaltschaft steht zwar bei Gefahr in Verzug eine sogenannte Eilkompetenz für die Anordnung zu. Soweit sie aber eine Anordnung erlässt, muss diese innerhalb von drei Tagen durch das zuständige Gericht bestätigt werden.
Da die Quellen – TKÜ den Zugriff auf sämtliche Kommunikation des Betroffenen ermöglicht, hat der Gesetzgeber Vorschriften zum Schutz der Privatsphäre des Betroffenen vorgesehen. So darf sich die Überwachung und Aufzeichnung nur auf die laufende Kommunikation beschränken. Es darf auch nur die Kommunikation ab dem Zeitpunkt der Anordnung überwacht und aufgezeichnet werden. Hat also die Polizei Zugriff auf den WhatsApp – Chat der betroffenen Person erlangt, darf diese nur die Nachrichten ab dem Zeitpunkt der Anordnung aufzeichnen, nicht dagegen weiter zurückliegende Nachrichten. Schließlich dürfen wie bei der Online – Durchsuchung Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung nicht erlangt werden, sondern müssen unverzüglich gelöscht und dürfen auch nicht verwertet werden. Dazu weise ich aber auf mein Beispiel aus dem letzten Heft hin. In diesem Sinne,
Eisern Union!
Dirk Gräning – Rechtsanwalt