Presseschau 01. April 2018
Die Datei „Gewalttäter Sport“ selbst wird von Datenschützern bereits heftig kritisiert. Die Weitergabe der Datei an russische Behörden im Vorfeld der WM in diesem Jahr brachte ebenfalls die Datenschützer auf den Plan. Diese Kritik wird von der Bundesregierung zurückgewiesen, denn diese hält den Transfer für rechtlich zulässig.
heise online: Fußball-WM: Bundesregierung hält Transfer von „Hooligan“-Daten nach Russland für zulässig
„Die Bundesregierung schließt eine erneute Weitergabe personenbezogener Informationen aus der sogenannten Hooligan-Datei an russische Sicherheitsbehörden nicht aus. Für die Fußball-Weltmeisterschaft im Sommer in Russland lägen bei der zuständigen „Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze“ (ZIS) beim Landesamt für zentrale polizeiliche Dienste der Polizei Nordrhein-Westfalen einschlägige Auskunftsersuchen aus Moskau bereits vor, erklärt das federführende Bundesinnenministerium laut einer von Netzpolitik.org vorab veröffentlichten Antwort auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion der Grünen.“
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Zur falschen Zeit am falschen Ort. Ein weiblicher Fan des 1.FC Schweinfurt 05 musste die Erfahrung machen, dass bei einem Fussballspiel jeder Opfer von Polizeigewalt werden kann und hat nun Klage auf Schmerzensgeld eingereicht. Die Polizei beurteilt die Lage anders.
süddeutsche.de: Frau fordert Schmerzensgeld wegen Schlagstock-Einsatzes der Polizei
„Seine Mandantin, sagt Rechtsanwalt Ralf Peisl, sei beileibe keine Fußball-Randaliererin – sie wollte nach Spielende einfach nur zu ihrem Auto gehen und heimfahren. Aber sie war nun einmal mit den anderen Schweinfurter Fans in einem Block zusammengefasst, sie durften nur getrennt von den Bayern-Anhängern das Stadion verlassen. Dabei seien sie fast schon draußen gewesen, als die Polizei plötzlich begonnen habe, die Besuchermasse wieder zurückzudrängen. Damit waren wohl nicht alle einverstanden, und in dem so entstandenen Kuddelmuddel traf sie der Schlagstock.“
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Beim Auswärtsspiel der Nürnberger in Duisburg kam es beim Fanmarsch zur Kesselung einiger Nürnberger Fans. Nach Aussagen der Polizei soll es bei der anschließenden Personalienfestellung zu Widerstandshandlungen seitens einiger Fans gekommen sein. Zwei Fans sahen standen nun deshalb vor Gericht.
Rot-Schwarze-Hilfe Nürnberg: Überraschungen in Duisburg: Polizeieinsatz ohne Kameras und ein lückenhaftes Gedächtnis
„Der RSH-Anwalt, der einen der beiden Angeklagten vertreten hat, hatte schon vor der Verhandlung mehrfach beantragt, das Videomaterial der Polizei beizuziehen. Doch zu dessen Verwunderung soll der Einsatz in keiner Weise gefilmt worden sein, wie die Staatsanwaltschaft behauptete. Überraschend: Denn die Polizeizeugen berichteten, dass sie 400 – 500 Fans auf der Abreise vom Stadion begleitet haben. Dabei hätten sich 20 – 30 Personen, die sie als „C-Fans“ bezeichneten, an der Spitze befunden und eine Polizeikette durchbrochen, bevor sie von Reiterstaffeln zurück in die Gruppe der Nürnberger gedrängt worden seien.“
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Seit dem Beginn des Jahres besteht in Mecklenburg-Vorpommern für Polizisten die Kennzeichnungspflicht. Dies ist auch ein Ergebnis der Arbeit der Blau-Weiss-Roten Hilfe aus Rostock. Diese zieht nun nach drei Monaten eine Zwischenbilanz.
Blau-Weiss-Rote Hilfe Rostock: Kommentar zur seit Jahresbeginn in M.-V. eingeführten Kennzeichnungspflicht
„Insgesamt können wir feststellen, dass die praktische Umsetzung noch nicht abschließend gelungen ist, die Polizei MV aber auf einem richtigen Weg ist. Die einzelnen renitenten Beamten werden früher oder später den Dienst aufgeben müssen oder – so unser Wunsch – sich dem Willen des Gesetzgebers, der Vorgesetzten und schließlich der Bevölkerung beugen.“
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In Österreich wird durch die neue Regierungskoalition eine scheinbar bereits gelöste Debatte wieder neu eröffnet, Thema: Pyrotechnik in Stadien. Bisher ist es möglich mit einer Ausnahmegenehmigung im Block Pyrotechnik straffrei anzuwenden. Die Rechtshilfe Rapid sieht eine kommende Kriminalisierung durch das österreichische Innenministerium am Horizont heraufziehen. Aus diesem Grund beantwortet sie noch einmal grundlegende Fragen der Debatte.
Rechtshilfe Rapid: Pyro im Stadion: Das Innenministerium setzt auf Kriminalisierung
„Es braucht an dieser Stelle nicht näher auf die Bedeutung von bengalischen Fackeln als Stilmittel der Fanszene eingegangen werden. Diese haben die österreichischen Fanszenen in diesem Jahrzehnt bereits ausführlich erläutert. Außerdem haben die organisierten Fans bereits am Samstag selbst zum Thema Stellung bezogen. Uns als Rechtshilfe Rapid interessieren in dieser Debatte vor allem die rechtlichen Aspekte sowie deren Konsequenzen für den SK Rapid und seine Fans. Dennoch lohnt es sich, einen ausführlichen Blick auf die Entwicklung der Diskussion über die letzten Jahre zu werfen, um die gegenwärtigen Argumente politischer Vertreter besser einordnen zu können.“
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Betretungsverbote gegen Fans sind das neue beliebte Mittel der Polizei, um Fans von der Teilnahme am Spiel abzubringen. Die rechtliche Grundlage bildet dabei zumeist lediglich die Gefahreneinschätzung durch die Polizei. Wurde dieses Werkzeug zunächst nur gegen Anhänger des Gastvereins ausgesprochen, gab es in Augsburg nun erstmal den Fall, dass ein Fan seine eigene Stadt nicht mehr betreten durfte. Die Rot-Grün-Weisse Hilfe aus Augsburg konnte dem natürlich nicht tatenlos zusehen.
Rot-Grün-Weisse Hilfe Augsburg: RGW-Hilfe unterstützt Fan im Kampf gegen Betretungsverbot in der eigenen Stadt
„Die jedoch deutlich strengere Möglichkeit ist ein Betretungsverbot. Betroffene dürfen dabei rund um ein Fußballspiel bestimmte Bereiche am Spielort bei Strafandrohung nicht betreten. Das kann das Gebiet rund um das Stadion sein, bestimmte neuralgische Punkte in der Stadt wie z. B. der Bahnhof oder auch das komplette Stadtgebiet. Bundesweit wurden mehr als 10.000 Betretungsverbote seit der Saison 2013/14 gegenüber 1.500 Personen verhängt. Sichtbar wird dabei auch ein Anstieg der Zahl von Jahr zu Jahr.“
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Polizeikontrollen sind für viele Fussballfans keine neue Erfahrung. Dass diese Kontrollen zum Teil eine lange Dauer aufweisen und sogar den geplanten Besuch eines Fussballspiels vereiteln können mussten verschiedenen Fanszenen bereits leidvoll erfahren. Jüngst kam es in Stuttgart zu Kontrollen der aktiven Fanszene.
Stuttgarter-Zeitung: Polizei kontrolliert VfB-Ultras vor Abfahrt
„Als die vier Busse der Gruppen um das Commando Cannstatt, Schwabensturm 02 und Schwaben Kompanie am Fahnenraum der Fans direkt am Stadion abfahrbereit waren, trafen Polizeikräfte ein. Vier Mannschaftswagen, mehrere Zivilfahrzeuge, Beamte in schwerer Montur und Einsatzkräfte mit Sturmhauben umstellten laut Augenzeugen die Busse.“
Die Debatte über die Kostenübernahme für die Einsätze der Polizei bei Fussballspielen geht in die nächste Runde. Nach dem Urteil des OLG aus Bremen reicht die DFL nun ihrerseits Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht ein. Sie möchte sich nicht an den Kosten für die Polizeieinsätze beteiligen.
Spiegel Online: DFL zieht vor Bundesverwaltungsgericht
„Die Stadt [Bremen] schickte nach dem HSV-Spiel einen Gebührenbescheid über 425.718 Euro an die DFL. Gestritten wird zudem über fünf weitere Partien. Die eingeforderten Kosten belaufen sich mittlerweile auf knapp zwei Millionen Euro.“
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Das Bild des gewaltbereiten Fussballfans, auch wenn diese in Wahrheit nur einen Bruchteil der aktiven Fanszene ausmachen, ist das gern gezeichnete Bild von Medien und Polizei. Ein Anwalt aus Berlin geht jetzt einen anderen Weg und sagt, Auseinandersetzungen gehören dazu und es muss erlaubt sein, dass Menschen, die das möchten, sich gegenseitig auf die Nase hauen dürfen.
Zeit Online; „Es muss erlaubt sein, dass Leute sich die Nase einhauen“
„Frage: Herr Lau, hat der deutsche Fußball ein Gewaltproblem?
René Lau: Im deutschen Fußball gibt es nicht mehr oder weniger Gewalt als im normalen Leben. Ich bin sogar der Meinung, dass in den vergangenen 25 bis 30 Jahren die Gewalt rapide abgenommen hat. Ich gehe seit Anfang der 1970er Jahre zum Fußball und habe erlebt, was in den 1970ern, 1980ern und Anfang der 1990er in den Stadien oder im Umfeld der Stadien los war. So etwas wäre heute undenkbar.“