30 Okt 2021

Rotterdam – Aufruf der Eisernen Hilfe

Liebe Unioner,

das Auswärtsspiel in Rotterdam hat sicher bei vielen von uns die Freude an der Teilnahme unserer Mannschaft an einem europäischen Wettbewerb erheblich gedämpft.

Es begann mit völligem Organisationsversagen bei der Anreise vom verabredeten Treffpunkt in der Stadt zum Stadion, setzte sich fort in völlig inakzeptabler offener Polizeigewalt auf dem Weg der Fans zum Stadion und mündete dann in einem nicht mehr zu überbietenden Dilettantismus bei den Zugangskontrollen im Stadion.

Es kam zu vielen Verhaftungen, ohne dass es konkrete Vorwürfe zu angeblich begangenen Straftaten gab. Einige dieser Personen wurden dann sogar dem Richter vorgeführt und – wie etliche andere – nur unter erheblichen finanziellen Aufwendungen, die offensichtlich der Aufbesserung des finanziellen Etats der niederländischen Justiz dienen sollten, wieder freigelassen. Uns sind hier Kosten von 100 bis 600 Euro pro Person bekannt. Die Gesamtsumme beläuft sich nach unseren Kenntnissen bei etwa 5.000 Euro für etwa ein Dutzend Unioner.

Es gab zusätzlich viele Verletzte aufgrund des überharten Einsatzes der Rotterdamer Polizei. Hunde ohne Maulkorb und vor allen Dingen locker sitzende Schlagstöcke der Polizeibeamten führten dazu, dass sich einige Fans in ein Krankenhaus begeben mussten und behandelt beziehungsweise sogar operiert werden mussten. Auch zurück in Köpenick begaben sich etliche Unioner noch in ärztliche Behandlung, eine stationäre Aufnahme mit anschließender Operation ist uns hierbei bekannt.

Die, die dann doch schadlos zum Stadion gelangten, wurden teilweise am Stadioneingang solange ohne rechtfertigenden Grund aufgehalten, bis sie nur noch Teile des Spieles im Stadion sehen konnten. Und dafür, dass sie nicht pünktlich zum Spiel eingelassen wurden, ließ man sie nach dem Spiel erst weit nach dem Schlusspfiff wieder aus dem Stadion. Des Weiteren erreichten uns auch Informationen und Schilderungen, dass vielen Unionern der Zugang gänzlich verwehrt wurde.

Wenn man beachtet, dass Feyenoord seit Jahren regelmäßig international spielt und in der Stadt schon viele Finalspiele stattgefunden haben, fällt es sicher manchem schwer, nur an eine Verkettung unglücklicher Zustände zu glauben.

Zunächst erst einmal vielen Dank an die vielen Menschen, die vor Ort geholfen haben und die versucht haben, die Situation zu entschärfen. Danke an die Leute des Fanprojektes, der Eisernen Hilfe und der Fanbetreuung und alle anderen, die sich aktiv eingebracht und Erstversorgung geleistet haben. Auch danke an die Rotterdamer Menschen, die mit Verbandsmaterial und anderem geholfen haben.

Ich darf Euch ausdrücklich auffordern, soweit Ihr auch zu den Betroffenen gehört, erlittene Verletzungen ärztlich begutachten zu lassen und nach Möglichkeit Gedächtnisprotokolle über die von Euch wahrgenommenen Vorfälle vor und nach dem Spiel zu erstellen.

Bitte sendet Eure Protokolle an die Eiserne Hilfe. Dort werden die Informationen gesammelt.

Mail: info@eiserne-hilfe.de

Es ist derzeit noch nicht klar, wie diese Vorfälle aufgeklärt werden können. Die Zuordnung der Gewalt, die von der Polizei ausging, wird erschwert, weil die eingesetzten Beamten nicht mit Dienstnummern gekennzeichnet waren und so eine Individualisierung der Täter kaum möglich sein wird.

Ich bin derzeit mit niederländischen Kollegen im Austausch, um alle Möglichkeiten auszuloten. Die Eiserne Hilfe hat zu anderen Fanhilfen und Football Supporters Europe Kontakt, die schon häufiger mit solchen Vorfällen im Ausland befasst waren. Auch hierüber werden weitere Kontakte zu niederländischen Rechtsanwälten hergestellt.

Wir werden dann zusammen mit der Eisernen Hilfe und Gremien des Vereins die weiteren Schritte besprechen und Euch unterrichten.

Noch eins zum Schluss. Ich habe in den letzten Tagen viel in den sozialen Medien zu den Vorfällen gelesen, auch im Zusammenhang mit dem anstehenden Rückspiel am 4.11.2021.

Mein ausdrücklicher Wunsch ist es, dass wir und die Stadt Berlin einen würdigeren Rahmen für die Austragung eines Fußballspiels in einem europäischen Wettbewerb bieten.

Nichts wäre schlimmer, als eine, wie auch immer geartete, Gegengewalt. So etwas wie in Rotterdam braucht keiner.

Eisern Union!

Dirk Gräning

Rechtsanwalt