24 Okt 2020

Urlaub nach der Kurzarbeit

Liebe Unioner,

im Augenblick stellen sich viele Rechtsfragen rund um die Problematik der Kurzarbeit. Ich hatte Euch hier auch schon einige Ausführungen unterbreitet.

Die Frage, die jetzt insbesondere zum sich dem Ende neigenden Jahres stellt, ist, inwieweit in Zeiten, zu denen Kurzarbeit angeordnet war, der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers davon betroffen ist. Als im März zu Beginn der Pandemie das Thema der flächendeckend anzuordnenden Kurzarbeit aufgekommen ist, haben viele Arbeitgeber, da solche Regelungen in den Arbeitsverträgen gar nicht enthalten waren, Vereinbarungen mit den Arbeitnehmern dahingehend geschlossen, nach der kurzfristig Kurzarbeit angeordnet werden konnte. In der Folge ist das dann in der Praxis auch umgesetzt worden. Die Frage, wie mit dem Urlaubsanspruch der Arbeitnehmer in den Zeiten, für die Kurzarbeit angeordnet worden ist, umzugehen sein wird, ist umstritten. Zunächst wird man meist vergeblich in Tarifverträgen oder Arbeitsverträgen Lösungen für dieses Problem finden.

Gelegentlich findet man Regelungen in den Vereinbarungen, die Arbeitgeber mit ihren Arbeitnehmern im März dieses Jahres oder später zur Anordnung der Kurzarbeit getroffen haben. Aber auch das ist nicht der Regelfall. Konsequenterweise ist dieses Problem daher Streitgegenstand bei gerichtlichen Auseinandersetzungen geworden. Interessanterweise hatte der europäische Gerichtshof bereits vor geraumer Zeit entschieden, dass eine Reduzierung des Urlaubs auf null für Arbeitnehmer, für die Kurzarbeit null angeordnet war, entsprechend einer Entscheidung des Arbeitsgerichts europarechtskonform sei.

Man hat die Situation der Anordnung von Kurzarbeit im Zusammenhang mit einer Urlaubsgewährung für einen Arbeitnehmer, der nur in Teilzeit arbeitet, verglichen. Hier wird das so gehandhabt, dass natürlich, soweit die Arbeitszeit reduziert ist, das bei den Teilzeitbeschäftigten dann auch dazu führt, dass sie weniger Tage Urlaub im Jahr haben. Dem Anknüpfungspunkt, den die Arbeitnehmer gesehen haben, nämlich einen Beschäftigten, der auf Kurzarbeit Null ist, mit einem nicht arbeitsfähigen kranken Arbeitnehmer zu vergleichen, ist dem Gericht nicht gefolgt. Ist ein Arbeitnehmer erkrankt, gehen ja bekanntlich die Urlaubsansprüche erst bei erheblicher Dauer der Arbeitsunfähigkeit, die mindestens über ein Jahr hinaus gehen muss, unter.

Damit war man an sich davon ausgegangen, dass die Angelegenheit entschieden sei. Tatsächlich wird diese Entscheidung aber nur Klarheit für die europäische Rechtslage bringen. Die deutschen Arbeitsgerichte sehen das unterschiedlich. Eine überwiegende Mehrheit der Gerichte unterstützt zwar das Urteil des EuGH und kommt zu der Einschätzung, dass bei Kurzarbeit Null der Urlaub weggefallen sei, bzw. bei reduzierter Arbeit und anteilige Anordnung von Kurzarbeit der Urlaub entsprechend ebenso reduziert worden ist.  Rechtssicherheit besteht hier aber noch lange nicht, da nicht alle Arbeitsrichter diese Auffassung teilen. Es bleibt daher abzuwarten, wie die Sache in den Instanzen entschieden wird und sich letztlich dann das Bundesarbeitsgericht dazu positioniert. Bis dahin macht es aber natürlich schon Sinn, die Ansprüche wenigstens entsprechend anzumelden, damit man derer nicht verlustig geht. Man kann dann, wenn es eine abschließende Entscheidung des Gerichtes gibt, immer noch überlegen, wie man seine Angelegenheit weiterbetreiben möchte.

Eisern Union

Rechtsanwalt Dirk Gräning