30 Aug 2023

Wo die Liebe hinfällt …

Liebe Unioner,

Liebe kennt keine Grenzen. Liebe macht auch vor Gefängnistoren nicht Halt. Davon kann eine – nunmehr ehemalige – Justizbeamtin aus Bayern ein Lied singen. Sie unterhielt eine Liebesbeziehung zu einem Häftling. Die Liebe blieb nicht rein platonisch, sondern wurde auch in der Justizvollzugsanstalt zumindest einmal „vollzogen“.

Liebe zu einem Gefangenen zu empfinden? Das ist ok. Liebe mit einem Gefangenen zu machen? Das ist nicht ok. Nach § 174a StGB macht sich wegen sexuellen Missbrauchs von Gefangenen strafbar, wer sexuelle Handlungen an einer gefangenen Person, die ihm zur Beaufsichtigung anvertraut ist, unter Missbrauch seiner Stellung vornimmt. Das Strafmaß beträgt drei Monate bis zu fünf Jahre. Die Norm schützt die sexuelle Selbstbestimmung von Personen, die auf Grund eines Freiheitsentzugs in ihrer Entscheidungs- und Handlungsfreiheit eingeschränkt und dem Zugriff des Täters – oder in diesem Fall der Täterin – in besonderem Maße ausgeliefert sind. Die Straftat ist gekennzeichnet vom Missbrauch eines Über-Unterordnungsverhältnisses, eines besonderen Gewaltverhältnisses zwischen Täter und Opfer. Das Strafgesetzbuch stellt auf den institutionellen Zwang des Gefängnisses ab, das seine Insassen einer vollständigen Kontrolle ihrer Lebensumstände unterwirft. Je stärker die Abhängigkeit der gefangenen Person gegenüber dem Täter einerseits ausgeprägt ist, je mehr Befugnisse und Weisungsrechte dem Täter gegenüber dem Gefangenen andererseits zustehen, umso eher ist ein Missbrauch anzunehmen. Für die Strafbarkeit der Beamtin ist es damit egal, dass eine echte Liebesbeziehung und das Einverständnis des Häftlings vorlagen; das gilt auch dann, wenn die Liebesinitiative vom Gefangenen ausging. Die Entscheidung des Gefangenen spielt keine Rolle. Seine Selbstbestimmung wird quasi präventiv dadurch geschützt, dass ihr keine Bedeutung zukommt. Wer gefangen ist, kann nicht selbst gegenüber solchen Personen entscheiden, die über ihn entscheiden. Deswegen war dieser Liebesakt im Gefängnis strafbar. Das Drama hat aber noch einen zweiten Akt!

Liebe hat bekanntlich ihren Preis. Und der Preis, den wir für die Liebe bezahlen, ist oftmals hoch. Manchmal gibt uns die Liebe aber auch etwas zurück. So brachte der Justizbeamtin ihre Liebesbeziehung auch noch die Teilhabe an einem lukrativen Handyschmuggel ein. Insgesamt zehn Handys schmuggelte sie ins Gefängnis im Auftrag ihres Lieblingshäftlings, der sie dort für mehr als 10.000 Euro weiterverkaufte.

Liebe heißt Teilen. Und daher teilte der Häftling das Geld mit seiner Lieblingswärterin. Doch dieser finanzielle Liebesakt kam der Justizbeamtin teuer zu stehen: Denn wegen Bestechlichkeit nach § 332 StGB wird bestraft, wer als Amtsträger einen Vorteil als Gegenleistung dafür annimmt, dass er eine Diensthandlung künftig vornimmt oder vorgenommen hat und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde. Das Strafmaß beträgt hier sogar Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Der Besitz von Handys ist Gefangenen verboten. Insbesondere auch zur Gefahrenprävention, da Handys zur Begehung weiterer Straftaten genutzt werden können. Mit der Verschaffung der Handys gegen Beteiligung am Verkaufserlös hat die Beamtin ihre Dienstpflichten verletzt und sich daher strafbar gemacht.

Liebe macht blind. Offensichtlich im Fall der Beamtin. Doch das Strafrecht ist nicht blind und so sprach das Amtsgericht Augsburg die Justizbeamtin des sexuellen Missbrauchs von Gefangenen und der Bestechlichkeit schuldig.

Liebe hat ihren Preis. Für die Justizbeamtin beträgt der Preis ein Jahr und acht Monate Freiheitsstrafe. Glück im Unglück: Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Auf ihren Liebhaber muss sie freilich noch etwas warten. Dieser wurde wegen Bestechung verurteilt, sodass sich sein Aufenthalt in der Anstalt und die Zeit der Enthaltsamkeit noch etwas verlängern dürfte.

Liebe Unioner, unsere Enthaltsamkeit von Union findet heute nun endlich ein Ende und ich wünsche Euch einen guten Start in die Saison!

Nicht ohne Liebe, Eisern Union!

Dirk Gräning

Rechtsanwalt