29 Apr 2023

Zeugnisverweigerungsrecht

Liebe Unioner,

viele von Euch kennen Formulierungen in Arbeitsverträgen, die die Arbeitnehmer verpflichten, Stillschweigen über betriebliche Dinge, die man als Arbeitnehmer im Zuge der Ausübung seines Jobs mitbekommt, gegenüber Dritten zu bewahren, dies auch häufig nach Ende des Arbeitsverhältnisses.

Bei einigen Berufen gibt es auch eine gesetzlich formulierte Schweigeverpflichtung, so z.B. bei Ärzten, Steuerberatern oder Rechtsanwälten.

Derzeit beschäftigt dieses Problem der Verschwiegenheitsverpflichtung aber auch einen ganz anderen Bereich, nämlich den der Mitarbeiter von Fanprojekten.

Mitarbeiter von Fanprojekten leisten umfangreiche und wertvolle sozialpädagogische Arbeit mit Fußballfans. Sie dienen vielen Fans als erste Anlaufstelle, um Beratungsbedarf zu decken und Gespräche zu führen, die Konfliktlösungen dienen sollen. Diese Gespräche sind vertraulich und es gilt seit jeher, dass die Informationen, die im Rahmen dieser Gespräche ausgetauscht werden, auch der Schweigepflicht Dritten gegenüber unterliegen.

Dazu muss man aber wissen, dass die eingesetzten Sozialpädagogen über ein gesetzlich gesichertes Zeugnisverweigerungsrecht nicht verfügen. Das versucht offensichtlich, eine Staatsanwaltschaft aus dem süddeutschen Raum auszunutzen, indem sie Mitarbeiter eines Fanprojekts im Rahmen des Ermittlungsverfahrens als Zeugen befragen will. Diesen Weg wählt die Staatsanwaltschaft jetzt offensichtlich, weil sie über andere Beweismittel nicht verfügt und über diesen Weg sich Ergebnisse erhofft, um in der Folge jetzt in einem Ermittlungsverfahren Beschuldigte bestimmter Taten zu überführen.

Damit werden geltende Tabus durchbrochen und insbesondere wird damit auch versucht, das Vertrauensverhältnis, was zwischen den Fußballfans und den Fanprojekten besteht, massiv zu stören. Völlig unbeachtet wird dabei gelassen, dass gerade die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Fußballfans und den Fanprojekten in der Vergangenheit nicht selten dazu geführt hat, dass Eskalationen im Verhältnis zwischen Fans und Polizei, bzw. auch zwischen Fans und Vereinen vermieden werden konnten.

Dieser aktuelle Anlass bringt klar und deutlich zum Ausdruck, dass es extrem wichtig ist, für die sozialpädagogische Arbeit klare gesetzliche Regelungen zu schaffen, ihnen insbesondere ein Zeugnisverweigerungsrecht zur Seite stellen, damit die Mitarbeiter von Fanprojekten auch weiter vertrauensvoll ihre Arbeit mit den Fußballfans ausführen können.

An sich bleibt als positiver Moment dieser wenig nachvollziehbaren Bemühung der Staatsanwaltschaft nur übrig, dass dies hoffentlich noch einmal auch den Gesetzgeber auf den Plan ruft, um Regelungen zu schaffen oder aber die Grundlage für eine gerichtliche Auseinandersetzung dafür bietet, dass Sozialpädagogen in diesen Fällen jedenfalls eine Aussage vor Staatsanwaltschaften und Gerichten nicht leisten müssen.

Eisern Union

Dirk Gräning

Rechtsanwalt