27 Okt 2022

Unterschiede zwischen dem deutschen und dem portugiesischen Strafrecht

Liebe Unioner,

heute das letzte Gruppenspiel in der Euroleague gegen einen portugiesischen Verein. Ein guter Anlass, um sich einige Unterschiede zwischen dem deutschen und dem portugiesischen Strafrecht vor Augen zu führen.

Im Gegensatz zum deutschen Strafrecht können in Portugal auch juristische Personen, wie beispielsweise eine GmbH, Straftaten begehen. Darunter fallen Bestechungsdelikte, Betrugsdelikte und Fälschungsstraftaten. Hauptsächlich wird dafür die Geldstrafe ausgesprochen oder die Zwangsauflösung vorgenommen. Das deutsche Recht hingegen kennt grundsätzlich keine Strafbarkeit im engeren Sinne von juristischen Personen. Dies wird vor allem damit begründet, dass die juristische Person als solche selbst nicht handelt, sondern die sie vertretenden natürlichen Personen, auch wie z. B. der Geschäftsführer der GmbH.

Im portugiesischen Strafverfahren ist unter anderem auch das strenge Adhäsionsprinzip zu beachten: Wenn demjenigen, der durch eine Straftat verletzt wurde, gegen den Täter ein vermögensrechtlicher Anspruch entstanden ist (bspw. Schadensersatz oder Schmerzensgeld), muss er diesen in der Regel im Strafverfahren geltend machen. Der Strafrichter entscheidet dann auch über den zivilrechtlichen Anspruch. Im deutschen Strafprozess ist ein solches Adhäsionsverfahren noch nicht die Regel. Die zivilrechtlichen Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche, die sich aufgrund einer Straftat ergeben, können vor dem zuständigen Zivilgericht in einem gesonderten Verfahren geltend gemacht werden. Das Adhäsionsverfahren bietet den Vorteil, dass ein weiteres Rechtsverfahren vermieden wird und somit grundsätzlich auch weniger Prozesskosten anfallen. Andererseits wird durch das gesonderte Verfahren gewährleistet, dass ein Fachrichter mit entsprechender Spezialisierung über den zivilrechtlichen Anspruch entscheidet.

In Portugal vertritt die Staatsanwaltschaft den Staat auch außerhalb des Strafrechts als Parteienvertreter in Zivilsachen, soweit staatliche Interessen betroffen sind. So können sich Arbeitnehmer in Arbeitsrechtssachen durch einen selbst gewählten Rechtsanwalt oder durch die Staatsanwaltschaft vertreten lassen. Sofern die Vertretung durch die Staatsanwaltschaft erfolgt, ist diese zur Objektivität verpflichtet.

Ergebnis der Verpflichtung zur Objektivität ist auch, dass die Staatsanwaltschaft hier die Übernahme des Mandats ablehnen kann. In Sorgerechts- und Unterhaltsverfahren, die ein Kind betreffen, ist die Teilnahme der Staatsanwaltschaft sogar zwingend. In Insolvenzsachen ist die Staatsanwaltschaft als Vertreterin der Arbeitnehmer beteiligt, ebenso vertritt sie die Abgabenbehörde in Steuersachen.

Entsprechend diesem weiten Aufgabengebiet sind daher bei sämtlichen Gerichten, auch bei solchen mit Sonderzuständigkeiten, Staatsanwaltschaften eingerichtet. Im Gegensatz dazu wird die Staatsanwaltschaft in Deutschland als „Herrin des Ermittlungsverfahrens“ bezeichnet. Sie wird ausschließlich im Strafverfahren tätig. Sie entscheidet über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und, ob die Ermittlungen genügend Anlass zur Erhebung einer Anklage vor einem Strafgericht geben oder ob das Verfahren einzustellen ist.

Eisern Union

Dirk Gräning

Rechtsanwalt